Traumhaft schöne Songs

Den Samstagabend des Festivalwochenendes eröffnet ein Shootingstar des europäischen Jazz. Ab 18 Uhr präsentiert Zara McFarlane ihr neues Album „Sweet Whispers: Celebrating Sarah Vaughan“ und ehrt damit eine der großen Jazzsängerinnen des 20. Jahrhunderts, die am 27. März 2024 ihren 100. Geburtstag gefeiert hätte.

McFarlane kam 1983 als Tochter jamaikanisch-stämmiger Eltern in London zur Welt. Mit acht Jahren begann sie das Klavierspiel, im Alter von elf Jahren schrieb sie erste Songs und nahm an Wettbewerben teil. Sie ist eine Spätberufene, denn ihre Liebe zum Jazz entdeckte sie erst während ihre Master-Studienganges an der Guildhall School of Music and Drama. Sie arbeitete in der Folge mit Größen wie Denys Baptiste, Nicola Conte, Soweto Kinch und Gary Crosbys Jazz Jamaica. Ihre Debüt-EP nahm sie noch selbst auf und landete damit keinen großen Hit. 

Doch sie traf auf Gilles Peterson, der ihr Talent erkannte und sie bei seinem Label „Brownswood“ unter Vertrag nahm. Mit ihm nahm sie ihr erstes Album „Until Tomorrow“ auf, das im Herbst 2011 erschien. Das Album vereint Jazz- und Soul-Songs, die ganz bestimmt werden von McFarlanes klarer und heller Stimme. Über Nacht schien McFarlane ihre Bestimmung gefunden zu haben und wurde zur Jazz-Vokalistin, die scheinbar mühelos jede noch so schwierige Passage, der nicht ganz einfachen Stücke, meistert. 

Ihr zweites Album „If You Knew Her“ wurde 2014 ebenfalls bei Brownswood veröffentlicht und erhielt den MOBO-Award als „bester Jazz-Act“. Neben im Modern Jazz angehauchten Jazz-Stücken sind erste jamaikanische Elemente vorhanden und fügen ihrem Repertoire eine neue Note hinzu. Mit „Arise“ im Jahr 2017 präsentierte sie ihr drittes Album, das afrokubanische Rhythmen aufnahm und sich ernsten Themen widmete. Ihr großes Glück: Petersen und Brownwood ließen sie ihren Weg gehen und mit Sounds experimentieren. 

Mit dem Album „Songs of an unknown Tongue“ ging sie den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Afrikanische, jamaikanische und afrokubanische Elemente vereinnahmt sie in den Songs, die Themen sind aber ernster als in den ersten Alben. Es geht um Identität, um das britische Erbe des Kolonialismus, und darum, als schwarze Frau in einer von Weißen dominierten Gesellschaft zu leben. Es ist eine Abrechnung mit dem Empire, die aber nicht in Verbitterung endet, sondern Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht.  

Mit „Sweet Whispers: Celebrating Sarah Vaughan“ kehrt Zara McFarlane zum klassischen Jazz zurück. Sarah Vaughans Songs wurden etwas moderner arrangiert, der eingriff ist aber so zart, sodass man das Original sofort erkennt, aber der Staub vergangener Zeiten wie weggeblasen scheint. McFarlanes Stimme hat eine ganz andere Stimmfarbe als Vaughans, aber ihre klare Stimme passt einfach wunderbar zu den Songs und sie singt wirklich traumhaft schön, spielt mit ihrer Stimme und setzt sie wie ein Instrument ein. Es ist ein bisschen so, als sei die “gute alte Zeit“ wiederauferstanden. Produziert hat das Album Giacomo Smith (selbst Klarinettist und Leiter der legendären Kansas Smitty House Band) und das hört man auch… 

McFarlane gelingt ein ganz eigenes Album, das nicht bloßer Abklatsch und auch kein Best of Vaughan ist. Die Sängerin hat die Songs gezielt aus den mehr als vierzig Jahren von Vaughans Schaffen ausgewählt. Es ist ein grandioses und ein sehr persönliches Album geworden und berührendes dazu. Das Konzert im DFG wird ein magischer Abend.