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  • Alles Neue macht der März

    Alles Neue macht der März

    Es ist sicher schon aufgefallen, fill in hat ein neues Design. Wir haben unser altes Design geliebt und viel Lob dafür bekommen, aber wir wollten uns weiterentwickeln. Die Vorgabe war klar: weniger verspielt, reduzierter, klarer und es sollte insbesondere in der Werbung auffallen.

    Nach einer Vorauswahl fiel unsere letztendliche Wahl auf die Saarbrücker Designagentur MM, M um Muriel Serf, Martha Bayer und Manuel Wesely. Die drei Designer:innen haben einige Erfahrungen mit dem Design von kulturellen Einrichtungen setzen das Erscheinungsbild des Heidelberger Stückemarkts um und entwickelten die Gestaltung des Theaterfestivals Adelante!

    Sofort fällt der neue Farbton auf. Aus dem hellen, erdigen Orange ist ein warmes, kräftiges Orange geworden. Die Grafik ist zugunsten der Information zurückgetreten, Typographie spielt eine wesentliche Rolle. Da ist einerseits das fette Cooper Black, das sofort ins Auge springt und fill in betont und dann die feine Oracle, die teilweise auch mit „springenden“ Buchstaben eingesetzt wird. Rhythmus und Lebensgefühl des Jazz werden so alleine durch Schrift transportiert.

    Auch die Website wurde umfassend überarbeitet und vereinfacht. Alles hat seinen Platz, es ist übersichtlich und schnell zu finden. Auch hier setzen wir das Orange wieder als starke Farbe ein und nutzen ein Weiß, das ein bisschen ins Elfenbeinfarbene geht. Immer wieder tauchen Kästchen auf, sowohl im Printdesign als auch bei Social Media und auf der Website. Das bringt Struktur und Ordnung in die Improvisation. Auch hier ein Anklang an den Jazz.

    Im neuen Design fehlt der Flamingo. Das Geflügel hat keinen wirklichen Platz und wir waren der Meinung, dass er nicht mehr so recht zum Festival passt. Entstanden war der Flamingo aus dem Ort im ersten Jahr des Festivals. In den Anfangsjahren des Deutsch-Französischen Gartens lebten hier Flamingos. An die sollte auch unser „Wappentier“ erinnern und als Maskottchen für eine positive Identifikation sorgen.

    Immer wieder wurden wir aber auch gefragt, was der Flamingo eigentlich mit dem Festival zu tun hat und mit dem Umzug ins E-WERK war auch nicht mehr wirklich erklärbar, warum da ein Flamingo über die Plakate flattert.

    Womit wir nicht gerechnet haben: Inzwischen lieben viele fill-in-Fans den Flamingo und möchten ihn behalten. Also haben wir beschlossen, dass der Flamingo nur in sein Winterquartier geflogen ist und wiederkommen wird. Er wird vielleicht ein bisschen anders aussehen – schließlich werden auch Flamingos älter – aber er wird bleiben. In der ein oder anderen Form. Mal schauen, wo er uns in den nächsten Monaten über den Weg läuft flattert.

    Wir lieben das neue Erscheinungsbild, seine Wirkung wird es vor allem im öffentlichen Raum entfalten. Wie findet ihr das Design? Bei Presse und Sponsoren gab es viel Lob. Gelungen? Nervig? Ansprechend? Langweilig? Schreibt es uns!

  • Ein Hurra mit Hindernissen – fill in verlegt!

    Ein Hurra mit Hindernissen – fill in verlegt!

    Die Nachricht verbreitete sich am Dienstagabend wie ein Lauffeuer über Social Media: fill in wird nicht wie geplant im Deutsch-Französischen Garten als Open-Air-Festival stattfinden, sondern in das E-Werk verlegt. Der Grund dafür ist so simpel wie unglaublich: Unsere Wiese in der Südmulde ist zu nass. Es wäre unmöglich gewesen, am Dienstag vor dem Festival mit dem Bühnenaufbau zu beginnen, weil die tonnenschwere Bühne mehrere Zentimeter abgesackt wäre. Damit wäre die Bühne nicht mehr standsicher und die Sicherheit der Künstler:innen, des Bühnenpersonals und der Besucher:innen wäre nicht mehr zu gewährleisten. Und ja, die Wiese sieht toll und auch trocken aus, aber sie ist es nicht.

    In einem Sitzungs- und Beratungsmarathon von mehreren Stunden haben wir alles probiert und haben mit Veranstaltungs- und Bühnentechnikern beraten, was wir machen können. Insbesondere haben wir versucht, im DFG eine Ersatzwiese zu finden. Das war nicht möglich, weil die anderen Wiesen entweder genauso nass waren oder zu klein, sodass die Bühne dort nicht gepasst hätte. Ein Abtrocknen wäre in kürzester Zeit auch nicht möglich, denn unter der Bühne hätten Stahlplatten liegen müssen, die ein Abtrocknen verhindert hätten. So mussten wir wirklich schweren Herzens am Montagabend den Entschluss fassen, in das E-Werk zu ziehen, dass uns unser Partner GIU zur Verfügung stellen konnte. 

    Auch die Anfangszeiten der Konzerte mussten verlegt werden, da die komplexe Logistik der Künstler:innen einen früheren Beginn kaum möglich macht. Untergebracht sind die Künstler im Victor’s Residenz-Hotel am DFG, sie müssen aber mehrfach durch die Stadt zum E-Werk. Außerdem steht zu befürchten, dass einige Besucher:innen doch im DFG landen, wo sie von Helfern Hinweise zur Verlegung bekommen. Auch sie sollen rechtzeitig zum Konzertbeginn im E-Werk auf den Saarterrassen sein können.

    Ein Open-Air-Festival zu stemmen, bedeutet in Zeiten des Klimawandels immer auch, dass man mit solchen Verlegungen aufgrund der Witterungsbedingungen rechnen muss. Wir haben uns die Entscheidung alles andere als leicht gemacht, es blieb uns aber keine andere Wahl. Seit heute morgen arbeiten wir im E-Werk und es ist wirklich ein schöner Ort für gute Musik. Wir werden versuchen, euch ein wunderbares Festivalflair zu zaubern, damit ihr den DFG nicht allzu sehr vermisst. Hurra, es ist trotzdem Festival! Und für alle Frischluftfanatiker empfehlen wir das Wochenende vom 9. bis zum 11. August 2024, da sind wir mit Weltklassejazz auf der Vaubaninsel in Saarlouis.

  • Üppiger Bläsersound trifft auf einzigartige Stimme

    Üppiger Bläsersound trifft auf einzigartige Stimme

    Es wird ein Gigantentreffen und einer der Höhepunkte des Festivals. Am Sonntagabend werden das Brussels Jaz Orchestra und die französische Jazzsängerin Camille Bertault gemeinsam Chansons von Serge Gainsbourg interpretieren. 

    Das Brussels Jazz Orchestra (BJO) lädt immer wieder Solokünstler ein, mit ihm gemeinsam zu musizieren. Gegründet wurde es 1993 von Frnak Vaganée, der es bis heute leitet, und Serge Plume, Marc Godfroid und Bo van der Werf. Jazzorchester klingt immer ein bisschen nach Swing-Bigband. Da rümpfen viele Jazzfans eher die Nase. Warum, weiß ich auch nicht so genau, vielleicht liegt es daran, dass der Swing die erste Mainstream-Stilrichtung des Jazz war und noch dazu kommerziell erfolgreich. Oder aber, dass mit dem Swing der Jazz „weiß“ wurde. Zwar wurde auch diese Jazzrichtung von Afroamerikanern erfunden, doch es waren vor allem Weiße, die ihn spielten. Auch das mag eine Rolle spielen, dass der Swing bis heute unter Jazzfans eher eine untergeordnete Rolle spielt. Man stellt sich dann immer die Salons der 1920er Jahre in Berlin vor, wo die finanzielle und künstlerische Elite des Landes in ausschweifenden Partys gegen den Untergang antanzt.

    Davon ist das BJO allerdings weit entfernt.  Das Orchester lädt sich immer wieder Gaststars ein, mit denen es eigenen Kompositionen oder arrangierte Songs von anderen Künstler:innen spielt. Das führt zu großer Vielfalt und einem tollen Mix aus dem voluminösen Sound einer Jazz-Bigband mit üppigem Bläserensemble und den Einflüssen von Musik aus aller Welt. Mit David Linx nahm man ein Brel-Album auf, mit der südafrikanischen Sängerin Tutu Puoane gleich zwei Alben und „Smooth Shake“ mit Bert Joris ist einfach ein tolles Album, weil Smooth Jazz hier nicht zur Fahrstuhlmusik verkommt. Eine meiner Lieblingsplatten des BJO ist „Ten Years Ago“ mit Star-Akkordeonist Richard Gaillano. 

    Ich bin aber nicht sicher, ob es meine Lieblingsplatte bleibt, denn nun hat das BJO ein Album mit Camille Bertault aufgenommen. Gewidmet ist es den Songs von Serge Gainsbourg. Mit der Französin hat man eine Jazzvokalistin ausgewählt, die in Frankreich ein aufstrebender Star ist und dort hochgehandelt wird. Kein Wunder, denn ihre Stimme ist grandios, ihre Alben durchweg ein Ohrenschmaus. Das Jazzmagazin Downbeat lobt sie als „intelligente Stimmgymnastin“ und das trifft es ziemlich gut, weil Bertault mit ihrer Stimme nichts mühsam erscheint, ihre Phrasierung ist so sinnlich und perfekt, dass man sich sofort in ihre Stimme verliebt. 

    Nichtsdestotrotz ist es ein Experiment und ein Wagnis, sich an Gainsbourg zu trauen, den Nationalheiligen des Chansons in Frankreich. Kann es gut gehen, wenn eine fröhliche und selbstbewusste junge Frau den Weltschmerz und die Selbstzweifel von Gainsbourg interpretiert? Um es vorwegzunehmen: die musikalischen Arrangements der Orchestermitglieder sind großartig umgesetzt und hier zeigt sich die ganze Klasse der Bigband. 

    Zurück zu Camille Bertault. Sie entpuppt sich als perfekte Besetzung für den Gesangspart, weil sie so viel Liebe in die Interpretation der Songs legt und ihre Stimme einfach perfekt passt. Mal lasziv hauchend, dann wieder aggressiv fordernd, dann heiter oder melancholisch, stolpert sie hastig vorwärts, hält inne und schlägt gesangliche Kapriolen. Sie setzt die Texte emotional einfach genial um. Und so sing sie Evergreens wie „Couleur Café“ und „La Javanaise“, aber auch unbekanntere Stücke wie Elisa aus Jacques Rouffios erstem Film „Der Horizont“ (L’horizon) aus dem Jahr 1967. Gerade dieses Stück ist so brillant umgesetzt, dass es das Original übertrifft.

    So macht es Spaß, zu „Le Poinçoneur des Lilas“ mitzupfeifen, zu „Je suis venu te dire que je m’en vai“ zu wippen oder bei „La javanaise“ mitzusingen, wenn Bertault haucht: Ne vous déplaise/En dansant la Javanaise/Nous nous aimions/Le temps d’une/Chanson/… Ich bin sicher, die Liebe zur Musik des Brussels Jazz Orchestra und Camille Bertault dauert länger als ein Lied!

  • Frech, jung, selbstbewusst

    Frech, jung, selbstbewusst

    Es klingt ein bisschen wie ein modernes Influencer-Märchen. Die junge Jazz-Schlagzeugerin sieht ein Video eines Freundes, der eine Aufnahme von Kontrabassist und Jazzlegende Avishai Cohen mit seinem Pianospiel unterlegte. Ihr gefiel die Idee, sie nahm eine Session mit ihrem Schlagzeug auf, postete das Video auf Instagram und schickte es Cohen. Und der war begeistert! Er rief Kaspi an und bat sie zu einer Session in sein Studio. Die Zwei hatten offensichtlich Spaß, denn danach fragte Cohen, ob sie bei der Aufnahme seines neuen Albums dabei sein möge und nach dem ersten Konzert fragte der Bassist, ob sie seine Schlagzeugerin werden wolle. Kaspi sagte begeistert zu.

    Die Karriere der jungen Israelin begann im Alter von sieben Jahren, als sie im Musikzimmer ihrer Schule das Schlagzeug entdeckte und darauf herumtrommelte. Ihre musikverliebten Eltern freuten sich über das geweckte Interesse der Tochter und finanzierten ihr Schlagzeugunterricht.

    Zum Jazz kam sie eher zufällig. Sie besuchte die „Thelma Yellin Arts High School“ in ihrer Heimatstadt und musste sich irgendwann entscheiden, ob sie den Klassik- oder den Jazz-Zweig absolvieren wollen würde. Anschließend absolvierte sie ein Studium an der renommierten Berklee College of Music in Boston.

    Nun spielt Kaspi seit drei Jahren bei Avishai Cohen, verfolgt seit einigen Monaten aber auch ein eigenes Projekt. Das erste Resultat war die Singe „Why does“ aus dem vergangenen Jahr, inzwischen hat sie auch die EP „Poni“ veröffentlicht.

    Kaspis Musik ist deutlich beeinflusst von der jungen Generation in Israel und den kulturellen Einflüssen dort, das spiegeln nicht nur die Themen ihrer Songs, sondern auch die Musik selbst. Pop, Fusion, Elektro, Hiphop, Jazz – Kaspi bedienst sich frei und ungezwungen in den Genres und kreiert einen eigenen Sound.

    „Frech, jung, selbstbewusst“ könnte man ihre Texte umschrieben.Die Themen sind vielfältig, es geht um Identität, Geschlecht, Beziehung und Gefühle, verwoben mit Beats und elektrischen Vibes. Richtig gut wird es, wenn Kaspi live spielt, weil die Drum-Computer-Effekte dem Original weichen und das Schlagzeugset unter Kaspi zum emotionalen Ausdruck der besungenen Gefühle wird. Ihr Spiel zeichnet sich durch hohen Facettenreichtum aus, moderne Beats treffen auf die Komplexität von Jazz, Kaspis Spielfreude mündet in zahlreichen Improvisationen. Gerade live ist das ein Hochgenuss!

  • Ein unvergesslicher Abend

    Ein unvergesslicher Abend

    Ich habe Alfredo Rodríguez vor einigen Jahren eher zufällig entdeckt. Immer mal wollte ich zum Jazzfestival im französischen Junas, weil ich viel Gutes gehört hatte. Mitte Juli 2017 war ich in der Region, hatte eher zufällig einen Tag Zeit und wollte unbedingt eines der Konzerte besuchen. 

    Das Festival ist nicht groß, hat aber jedes Jahr ein tolles Line-Up und ein ganz besonderes Flair, weil die Abendkonzerte bei Sonnenuntergang in einem Steinbruch stattfinden. Ich hatte von Rodríguez schon gehört, hatte ihn aber nicht auf dem Schirm. Pianist? Kubaner? Klang alles gut und die YouTube-Videos machten Lust auf mehr. 

    Der Abend begann sanft. Während des Sonnenuntergangs eröffnete Rodríguez am Flügel mit einem verträumt-ruhigen Sequenz – passend zur Abendstimmung. Ich war sofort gefangen genommen von der Intensität des Spiels und der Spielfreude, die Rodríguez zeigte. Er schien allein zu sein und wir als Publikum durften ihm beim Jammen durchs Schlüsselloch zuschauen.

    Nach rund zwei Minuten hielt der Pianist eine Sekunde inne und vollzog dann einen Tempowechsel, dass einem der Atem stockte. Der Kontrabass (Reinier Elizarde) setzte ein, dann das Schlagzeug (ich glaube, es war Michael Olivera) und Rodriguez drosch förmlich auf das Klavier ein und schwenkte auf einen heißen afrokubanischen Sound um. Die drei Musiker hatten auf der Bühne richtig Spaß und das Publikum war sofort hingerissen. Es war ein traumhafter Abend mit drei grandiosen Musikern.

    Rodríguez‘ Biografie beginnt meist mit dem Jazz Festival in Montreux. Im Jahr 2006 nahm er dort am Wettbewerb teil, wo Quincy Jones au f ihn aufmerksam wurde. Seine Karriere begann aber schon viel früher und sein Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Der Vater war Sänger und Komponist, Rodríguez studierte klassisches Klavier an Konservatorien in Havanna, die alle einen ausgezeichneten Ruf haben. In dieser Zeit wurde auch sein Interesse am Jazz geweckt. 

    Die „Entdeckung“ von Jones machte für den jungen Künstler vieles leichter, denn Jones produzierte die ersten Alben von Rodríguez. Schon mit „Sounds of Space“ machte der Pianist klar, welches Talent in ihm steckte. Erstaunlich reif ist das Werk. Mit scheinbarer Leichtigkeit mischte Rodríguez komplexe Rhythmen von Jazz und Klassik mit Einflüssen seiner Heimat und Lateinamerikas. Dabei ist er sehr einfallsreich und stilistisch vielfältig. Heiter-beschwingt, nachdenklich-melancholisch, leise und ganz laut. Auf jeder Platte ist ein Lied jazzig „gecovert“, ein Popsong wie „Thriller“, ein kubanisches Volkslied wie „Ay Mama Ines“ oder ein Jazzstandard wie „Bésame mucho“.

    In seinem neuen Album „Coral Way“ erfindet sich der Kubaner nicht neu, es ist eine behutsame Weiterentwicklung seines Stils. Da ist das heitere „Coral Way“, das von Rodríguez‘ Spiel auf dem Synthesizer lebt, dann etwa „Fidju du Lua“, mit der fabelhaften Alana Sinkëy, das Bilder von Kuba wachruft, oder das verträumte „Distant Memories“. Und Rodríguez bleibt seiner Idee treu: er nimmt „Für Elise“ von Beethoven in einer jazzigen Version auf, die zum Mitschnippen einlädt. Das funktioniert sogar! 

    Alfredo Rodríguez wird bei fill in am Samstag, 29. Juni 2024 um 20 Uhr auftreten und es wird ein toller Sommerabend – da bin ich sicher!  

  • Traumhaft schöne Songs

    Traumhaft schöne Songs

    Den Samstagabend des Festivalwochenendes eröffnet ein Shootingstar des europäischen Jazz. Ab 18 Uhr präsentiert Zara McFarlane ihr neues Album „Sweet Whispers: Celebrating Sarah Vaughan“ und ehrt damit eine der großen Jazzsängerinnen des 20. Jahrhunderts, die am 27. März 2024 ihren 100. Geburtstag gefeiert hätte.

    McFarlane kam 1983 als Tochter jamaikanisch-stämmiger Eltern in London zur Welt. Mit acht Jahren begann sie das Klavierspiel, im Alter von elf Jahren schrieb sie erste Songs und nahm an Wettbewerben teil. Sie ist eine Spätberufene, denn ihre Liebe zum Jazz entdeckte sie erst während ihre Master-Studienganges an der Guildhall School of Music and Drama. Sie arbeitete in der Folge mit Größen wie Denys Baptiste, Nicola Conte, Soweto Kinch und Gary Crosbys Jazz Jamaica. Ihre Debüt-EP nahm sie noch selbst auf und landete damit keinen großen Hit. 

    Doch sie traf auf Gilles Peterson, der ihr Talent erkannte und sie bei seinem Label „Brownswood“ unter Vertrag nahm. Mit ihm nahm sie ihr erstes Album „Until Tomorrow“ auf, das im Herbst 2011 erschien. Das Album vereint Jazz- und Soul-Songs, die ganz bestimmt werden von McFarlanes klarer und heller Stimme. Über Nacht schien McFarlane ihre Bestimmung gefunden zu haben und wurde zur Jazz-Vokalistin, die scheinbar mühelos jede noch so schwierige Passage, der nicht ganz einfachen Stücke, meistert. 

    Ihr zweites Album „If You Knew Her“ wurde 2014 ebenfalls bei Brownswood veröffentlicht und erhielt den MOBO-Award als „bester Jazz-Act“. Neben im Modern Jazz angehauchten Jazz-Stücken sind erste jamaikanische Elemente vorhanden und fügen ihrem Repertoire eine neue Note hinzu. Mit „Arise“ im Jahr 2017 präsentierte sie ihr drittes Album, das afrokubanische Rhythmen aufnahm und sich ernsten Themen widmete. Ihr großes Glück: Petersen und Brownwood ließen sie ihren Weg gehen und mit Sounds experimentieren. 

    Mit dem Album „Songs of an unknown Tongue“ ging sie den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Afrikanische, jamaikanische und afrokubanische Elemente vereinnahmt sie in den Songs, die Themen sind aber ernster als in den ersten Alben. Es geht um Identität, um das britische Erbe des Kolonialismus, und darum, als schwarze Frau in einer von Weißen dominierten Gesellschaft zu leben. Es ist eine Abrechnung mit dem Empire, die aber nicht in Verbitterung endet, sondern Hoffnung auf eine bessere Zukunft macht.  

    Mit „Sweet Whispers: Celebrating Sarah Vaughan“ kehrt Zara McFarlane zum klassischen Jazz zurück. Sarah Vaughans Songs wurden etwas moderner arrangiert, der eingriff ist aber so zart, sodass man das Original sofort erkennt, aber der Staub vergangener Zeiten wie weggeblasen scheint. McFarlanes Stimme hat eine ganz andere Stimmfarbe als Vaughans, aber ihre klare Stimme passt einfach wunderbar zu den Songs und sie singt wirklich traumhaft schön, spielt mit ihrer Stimme und setzt sie wie ein Instrument ein. Es ist ein bisschen so, als sei die „gute alte Zeit“ wiederauferstanden. Produziert hat das Album Giacomo Smith (selbst Klarinettist und Leiter der legendären Kansas Smitty House Band) und das hört man auch… 

    McFarlane gelingt ein ganz eigenes Album, das nicht bloßer Abklatsch und auch kein Best of Vaughan ist. Die Sängerin hat die Songs gezielt aus den mehr als vierzig Jahren von Vaughans Schaffen ausgewählt. Es ist ein grandioses und ein sehr persönliches Album geworden und berührendes dazu. Das Konzert im DFG wird ein magischer Abend.